Das Quirlen des Weltozeans

Die Daemonen ziehen an dem einen Ende der Schlange.Die Daemonen ziehen an dem einen Ende der Schlange.

Vor langer, langer Zeit, kurz nachdem das Universum geschaffen wurde, bemerkten die Götter und die Dämonen, dass ihnen während des Schöpfungsprozesses wertvolle Dinge verloren gegangen waren. Die Götter erkannten mit Widerwillen, dass sie die Dämonen brauchen würden, damit sie die Reichtümer zurück erlangen könnten. Das war ganz besonders dramatisch, da sich unter den Schätzen auch das Elixier der Unsterblichkeit, Amrita, befand. Die Götter versprachen, mit den Dämonen alles zu teilen, obwohl sie wussten, dass sie den Dämonen unter keinen Umständen vom Lebenselixier abgeben durften. Die Götter, mussten jedoch einwilligen, denn die Kostbarkeiten konnten nur wieder hervorgezaubert werden, wenn der Milchozean lange und intensiv gequirlt werden würde. Für diese Anstrengung bedurfte es aller zur Verfügung stehenden Kräfte: der Götter und der Dämonen.

Die Dämonen ließen sich auf diesen Handel ein. Zunächst halfen sie den Göttern den Berg Mandara festzubinden, denn der Berg Mandara musste als Quirl dienen. Doch zum Festbinden war ein Tau nötig. Die Dämonen brachten die Riesenschlange Vasuki vom Grunde des Ozeans ans Tageslicht. Vasuki musste als Tau, das um den Berg geschlungen wurde, herhalten. Der Gott Vishnu war ein listiger Schlaumeier. Er legte Wert darauf, dass die 22 Götter die Schlange beim Schwanz fassten, während die 28 Dämonen die Riesenschlange beim Kopf anzupacken hatten. Nun begannen die Götter und die Dämonen abwechselnd an der Schlange zu ziehen. Durch die große Anstrengung wurde Vasukis Atem heißer und heißer und verbrannte beinahe die Dämonen. Leider

begann sich bei der Quirlerei der Berg Mandara zu setzen und drohte beinahe im Ozean zu versinken, bevor das Werk vollbracht war. Da nahm der Gott Vishnu die Gestalt einer Schildkröte an und tauchte unter den Berg, um ihm Halt zu geben.

Und die Götter ziehen an dem anderen Ende der Schlange Vasuki.Und die Götter ziehen an dem anderen Ende der Schlange Vasuki.


Nun konnte es mit voller Kraft weiter gehen. Die Wellen tobten und die Brandung schäumte. Tausend Jahren mussten sich die Götter und Dämonen mühen. Nach und nach tauchten aus den Wellen die Kostbarkeiten der Welt auf. Bald schwebten auch ganz entzückende Wesen aus dem tobenden Meer: die fröhlichen Apsaras tanzten zum Himmel. Danach entstieg Lakshmi, die Göttin der Schönheit dem glücksbringenden Meer. Und endlich, am Ende der enormen Anstrengung wirbelt auch ein winziges Gefäß mit dem Nektar des Lebens, Amrita, hervor. Nun mussten die Götter ihr Versprechen einlösen und alle Kostbarkeiten mit den Dämonen teilen. Als es daran ging, das Amrita zu teilen, machten sich die Götter mit dem Elixier auf und davon. Es entbrannte ein erbitterter Streit. Schließlich verkleidete sich Vishnu als eine betörende Tänzerin, die den Dämonen einen falschen Trank anbot. Die Dämonen ließen sich übertölpeln.


Diese Geschichte ist in der Ostgalerie der Flachreliefs rund um den Tempelberg von Angkor Wat bildlich dargestellt.



Text und Foto: © Jacqueline Myrrhe, Yim Savy