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Die Erde ist ein Viereck - so wie Angkor Wat.

Das Universum ist ein Viereck. Im Zentrum thront der Berg Meru, durch dessen Mitte die Weltachse verläuft. Der heilige Berg Meru ist die Residenz der Götter. Die Weltengebirge umgeben diesen Mittelpunkt der Welt. Die Weltengebirge wiederum werden vom mythischen und unendlichen Urozean eingeschlossen.
Dieses Verständnis der Khmers vom Weltall basiert auf indische kosmologische Vorstellungen. Die Khmer glaubten fest daran, dass der Mensch mit dem Kosmos verbunden ist, dass eine Brücke zwischen dem Mikro- und dem Makrokosmos existiert. Sie waren stets bestrebt, mit den Kräften des Universums im Einklang zu leben. Mit der Übertragung des Bildes vom Kosmos in steinerne Architektur wollten mehrere Regenten des Khmerreiches diesem Bestreben ein ewiges Zeugnis setzen.
So ist der Tempel von Angkor Wat das perfekte Beispiel für ein irdisches Abbild dieser kosmischen Vorstellungen, es ist eine Widerspiegelung des Universums in Miniatur.
Majestätisch, grazil und harmonisch überragen die Haupttürme von Angkor Wat die Ebene des weitläufigen Tempelareals. Sie bilden das Zentrum der einstigen Hauptstadt des Khmerreiches und symbolisieren den Berg Meru. Die Umfassungsmauern der Anlage symbolisieren das Weltengebirge und der Wassergraben den Urozean, der die Welt umschließt.
Das Abschreiten des langen Damms, der zum Heiligtum führt, und das Erklimmen der steilen Stufen bis zum Schrein im Hauptturm sind synonym für den beschwerlichen Weg der Erkenntnis.

Text und Foto: © Jacqueline Myrrhe, Yim Savy